Medizinische Gutachten in der IV

Wenn jemand ein Gesuch um IV-Leistungen einreicht, muss die IV-Stelle abklären, ob ein Anspruch auf bestimmte Leistungen besteht. Dabei steht die Frage im Zentrum, ob und wie stark ein gesundheitliches Problem die Erwerbsfähigkeit der versicherten Person einschränkt. Sofern die IV-Stelle auf Grund der gesammelten medizinischen Auskünfte den medizinischen Sachverhalt nicht beurteilen kann, weil der Fall komplex ist oder weil sich ganz spezifische Fragen stellen, kann sie medizinische Gutachten in Auftrag geben. Mit dem Gutachtensauftrag formuliert die IV-Stelle die Fragen, auf welche sie von den medizinischen Sachverständigen Antworten erwartet. Das Gutachten kann eine wichtige Rolle spielen beim Leistungsentscheid der IV-Stelle. Die Schlüsse der Begutachtung bestimmen aber nicht direkt und automatisch den Leistungsentscheid, weil bei diesem auch andere Faktoren eine Rolle spielen.

Die Gutachterinnen und Gutachter sind Fachärztinnen und -ärzte mit den entsprechenden Fachtiteln, müssen bestimmte Anforderungen an die Ausbildung erfüllen und müssen eine Bewilligung des zuständigen Kantons zur Berufsausübung besitzen. Benötigt die IV-Stelle eine Begutachtung aus der Sicht nur einer medizinischen Fachdisziplin, so kann sie einen entsprechenden Auftrag für ein sogenanntes monodisziplinäres Gutachten direkt vergeben. Braucht es eine Begutachtung aus der Sicht von zwei Fachdisziplinen, so spricht man von bidisziplinären Gutachten. Ist eine Begutachtung von drei oder mehr Fachdisziplinen notwendig, so wird immer die Allgemeine Innere Medizin hinzugefügt und man spricht vom polydisziplinären Gutachten. In den beiden letzten Fällen vergibt die IV-Stelle den Auftrag nach dem Zufallsprinzip über eine Internet-Plattform an Gutachterstellen oder Sachverständigen-Zweierteams, die mit der IV (vertreten durch das BSV) eine Vereinbarung abgeschlossen haben. Darin sind u.a. die fachlichen und formellen Anforderungen festgelegt, welche die Sachverständigen und die Gutachterstellen erfüllen müssen.

Um für eine gute Qualität der Gutachten zu sorgen und um das Vertrauen der Versicherten in die Begutachtungen zu stärken, wurden im Jahr 2022 mittels einer Reform der gesetzlichen Grundlagen mehrere Neuerungen in Kraft gesetzt:

  • nach den polydisziplinären werden auch die bidisziplinären Gutachten nach dem Zufallsprinzip zugeteilt
  • bei der direkten Vergabe der monodisziplinären Gutachten muss die IV-Stelle Einigkeit mit der versicherten Person über die ausgewählte sachverständige Person anstreben
  • von dem Interview muss eine Tonaufnahme gemacht werden, ausser die versicherte Person ist damit nicht einverstanden
  • die neu geschaffene, unabhängige Eidgenössische Kommission für Qualitätssicherung in der medizinischen Begutachtung (EKQMB) fördert die Transparenz und die Qualität der medizinischen Begutachtungen, indem sie Empfehlungen ausarbeitet und deren Einhaltung überwacht
  • die IV-Stellen müssen jährlich eine Liste der beauftragten Sachverständigen und Gutachterstellen veröffentlichen, mit Angaben zur Anzahl der zugeteilten Gutachtensaufträge, zu den attestierten Arbeitsunfähigkeiten, zur Beweiskraft der Gutachten vor Gericht und der finanziellen Vergütungen
  • das BSV muss jährlich eine entsprechende gesamtschweizerische Übersicht publizieren

Letzte Änderung 11.09.2024

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